Tipps & Tricks zur Boxenentwicklung (Version vom 03.11.2005)

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Das ist ein verdammt weites Feld! Ich beschäftige mich jetzt schon fast 20 Jahre mit diesem Thema, und ich lerne immer neue Dinge zu berücksichtigen um das Endergebnis noch weiter zu verbessern.

Ich möchte an dieser Stelle auch nicht eine Einführung in die Grundzüge der Lautsprecherentwicklung geben. Dazu gibt es eine Vielzahl von Büchern im Fachhandel zu kaufen. Zwei der Besten sind meiner Meinung nach:

Ich möchte vielmehr auf einige Teilaspekte der Lautsprecherentwicklung hinweisen, die bei vorwiegend theoretisch fokussierten Fachbüchern oft unter den Tisch fallen. Dabei kann man bei Berücksichtigung dieser Tipps mit relativ wenig Aufwand ein wesentlich besseres Endergebnis erzielen. Ich gehe jeweils davon aus, dass als Endergebnis eine Wiedergabe angestrebt wird, die: Diese subjektiven Parameter weisen eine hohe Korrelation zu objektiven Parametern auf wie: Meine Anmerkungen beziehen sich auf die Themen:
  1. Zusammenwirken von Lautsprecher und Raum
  2. Auswahl der Lautsprecher
  3. Mechanische Konstruktion von Lautsprechergehäusen
  4. Akustische Bedämpfung von Lautsprechergehäusen
  5. Äußere Gestaltung von Lautsprechergehäusen
  6. Auslegung der Frequenzweiche
Darüber hinaus möchte ich noch darlegen, wie bei mir üblicherweise der Ablauf einer Lautsprecherentwicklung aussieht (s. Flussdiagramm und Optimierung des Übernahmebereiches).

1. Zusammenwirken von Lautsprecher und Raum

2. Auswahl der Lautsprecher 3. Mechanische Konstruktion von Lautsprechergehäusen
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4. Akustische Bedämpfung von Lautsprechergehäusen
5. Äußere Gestaltung von Lautsprechergehäusen
6. Auslegung der Frequenzweiche
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Flussdiagramm zur Entwicklung von Lautsprecherboxen:
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  1. Lautsprecherchassis mit geringen Fehlern im Zeit- und Frequenzbereich auswählen, insbesondere mit einem schnell und gleichmäßig abklingenden Zerfallspektrum (siehe z.B. in KLANG & TON, aber auch STEREOPLAY).
  2. für gute Räumlichkeit möglichst identische Lautsprecherchassis einsetzen, also z.B. mit fortlaufender Seriennummer.
  3. benötigte Gehäusevolumina z.B. mit AudioCad oder Lasip ausrechnen.
  4. Testgehäuse bauen (nur ein Kanal); Gehäuse für Tief-, Mittel- und Hochtöner separat bauen, so dass mit verschiedenen Anordnungen und vertikalem Versatz experimentiert werden kann; eine Seite der Testgehäuse schraubbar ausführen, so dass relativ einfach mit internen Verstrebungen/Umleitungen sowie mit unterschiedlichen Bedämpfungen experimentiert werden kann.
  5. je nach Raumakustik und Aufstellung muss die Auslegung der Basswiedergabe (z.B. geschlossen oder Bassreflex, Volumen und Resonatorfrequenz etc.) überarbeitet werden. Dazu die Wiedergabe von den geplanten Lautsprecherpositionen zur geplanten Hörposition messen.
  6. Frequenzgang und Impedanzverlauf messen (z.B. mit SB_OCT) als Grundlage für Optimierung von z.B. Bedämpfung und Frequenzweichenentwicklung; Messdaten in Simulationsprogramm (z.B. AudioCad ECNC 8.0) importieren.
  7. Übergangsfrequenzen und Filtersteilheiten grob festlegen und Frequenzweiche z.B. mit AudioCad ECNC 8.0 grob simulieren (zunächst Chassis allein, dann zusammen); ggf. Weichenteile für eine Box kaufen, eine Frequenzweiche extern fliegend verdrahten und Chassis mit Frequenzweiche messen (0° und 15° seitlich und oben/unten, Chassis einzeln und in Kombination!).
  8. ggf. erneute Iterationsschleife der beiden letzten Schritte
  9. sobald das Gesamtergebnis messtechnisch überzeugt erfolgt eine subjektive Beurteilung mit Musikkonserven (siehe auch Problematik von Musikkonserven).
  10. die extern aufgebaute Frequenzweiche wird geringfügig geändert (z.B. einzelne Bauteilewerte um eine Stufe erhöht/erniedrigt) um subjektiv oder objektiv feststellbare Fehler zu minimieren. Im Bereich der Trennfrequenzen den Ortungstrick anwenden.
  11. intensive Iteration der beiden letzten Schritte; dies sollte in mehreren Sessions an mehreren Tagen durchgeführt werden, da man bei diesen Iterationen sehr leicht ermüdet und dann nicht mehr in der Lage ist, richtige Entscheidungen zu treffen. Zur Sicherheit sollte abschließend auch die Impedanz des gesamten Lautsprechersystems gemessen werden (auf Minima achten)!
  12. Aufbau der endgültigen Gehäuse mit optimierter Lautsprecheranordnung, Bedämpfung, Schalleitung und ggf. Schutzverkleidung.
  13. objektive und subjektive Beurteilung der mit dem provisorischen Testgehäuse gefundenen günstigsten Frequenzweiche.
  14. ggf. weitere Iterationen.
  15. Aufbau der entgültigen Frequenzweiche mit hochwertigen Bauteilen (z.B. MKP-Kondensatoren für Hochtöner und Mitteltöner, wenn diese im Signalweg liegen etc.). Auch für die Innenverkabelung sollte hochwertiges Lautsprecherkabel verwendet werden (z.B. B&W CDC 8 oder 6 (nur Hochtöner)).
Tipps zur Optimierung des Übernahmebereiches
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Eine Grundlegende Problematik von Musik ist auch, dass sie so abwechslungsreich und flüchtig ist: es fällt sehr schwer, alle Nuancen der Wiedergabe schnell zu erfassen.
Wesentlich einfacher fällt dies mit Rauschsignalen, denn hier ist das Amplitudenspektrum über der Zeit weitgehend konstant. Ich verwende daher gerne 'rosa' Rauschen zur subjektiven Beurteilung des Frequenzganges, dessen spektrale Energieverteilung der von Musik ähnelt. Ziel ist es, dass das Rauschsignal möglichst 'wie aus einem Guss' klingt, ohne dass einzelne Lautsprecherchassis herausgehört werden können. Auch schmalbandige Frequenzgangüberhöhungen hört man so sehr gut heraus.
Gut eignet sich das 'rosa' Rauschen auch zur Beurteilung des Rundstrahlverhaltens, vor allem auch im Bereich der Übernahmefrequenz. Ausgehend von der Hauptstrahlachse bewegt man sich leicht nach links und rechts bzw. oben und unten und achtet auf Klangverschiebungen des Rauschens. Die Änderungen der Klangfarbe sollten möglichst gering sein, damit der räumliche Eindruck der Musikwiedergabe nicht so abhängig von der genauen Sitzposition ist.
Eine optimale Überlappung zwischen z.B. Tief- und Hochtöner zeichnet sich auch dadurch aus, dass das Rauschsignal weder aus dem Tieftöner noch aus dem Hochtöner zu kommen scheint, sondern aus dem Bereich dazwischen. Um den scheinbaren Abstrahlpunkt bestimmen zu können verwende ich einen simplen Trick: ich versuche mir z.B. einzureden, die Schallabstrahlung käme nur aus dem Tieftöner. Wenn dies offensichtlich nicht der Fall ist, ist es sehr schwer, dem Gehirn dies vorzumachen (innerer Widerwillen, die Annahme zu akzeptieren). Je wahrer die Annahme, desto einfacher ist sie zu akzeptieren. Auf diese Weise gelingt es mir, den scheinbaren Abstrahlpunkt einzugrenzen!